Erklärung

Eine posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) stellt eine "normale Reaktion eines normalen Menschen auf ein abnormes Ereignis dar" (Definition der Störung). Betroffene erleben das traumatische Ereignis häufig ungewollt und auf unangenehme Art und Weise wieder (z.B. in Form von Alpträumen, aus heiterem Himmel auftretenden Bildern). Weitere Symptome sind das Vermeiden von Reizen, die im Zusammenhang mit dem Trauma stehen (z.B. Orte, Gedanken) sowie eine starke körperliche Erregbarkeit (z.B. Schlaf-, Konzentrationsstörungen, Schreckhaftigkeit).

Die Mehrheit der Menschen wird im Laufe ihres Lebens Opfer eines traumatischen Ereignisses. Dabei werden unter traumatischen Erlebnissen Situationen außergewöhnlicher Bedrohung oder katastrophenartigen Ausmaßes verstanden, in denen Betroffene mit tatsächlichem oder drohendem Tod, einer lebensgefährlichen Bedrohung oder starker Körperverletzung konfrontiert werden. Dies können Gewalterfahrungen (körperlich, sexuell), aber auch das Erleben von Unfällen oder Naturkatastrophen sein. Auch das Beobachten dieser Erlebnisse bei anderen Menschen kann eine traumatisierende Wirkung haben.

Derartig extreme Ereignisse führen bei Betroffenen häufig zu einer tiefgreifenden Verunsicherung. Grundlegende Annahmen über die Welt und über die eigene Person werden durch ein Trauma erschüttert. Gehen Menschen normalerweise davon aus, dass die Welt verstehbar, vorhersehbar, gerecht und das eigene Selbst wertvoll ist, werden eben diese Annahmen durch eine Traumatisierung in Frage gestellt, was zu einer posttraumatischen Belastungsstörung führen kann. Das Ausbilden einer posttraumatischen Belastungssymptomatik ist dabei keinesfalls ein Ausdruck von "Charakterschwäche" oder "Lebensuntüchtigkeit", vielmehr handelt es sich um eine "normale Reaktion eines normalen Menschen auf ein abnormes Ereignis"!

Stellen Sie sich das Ganze so vor: In der Biografie des*r Betroffenen gab es ein Ereignis starker Bedrohung, welches er*sie auch aktuell auf belastende Art und Weise wiedererlebt. Häufig kommen ihm*r die Ereignisse nur bruchstückhaft ins Gedächtnis - wir sprechen in diesem Zusammenhang auch von "Erinnerungsfetzen" (im Gegensatz zu vollständigen Erinnerungen). Diese
Erinnerungsfetzen sind entweder an bestimmte Auslösesituationen (z.B. Aufsuchen bestimmter Orte) gebunden, die zu ihrem Auftreten führen, oder kommen scheinbar "aus heiterem Himmel". Möglicherweise sind auch seine Träume von Erinnerungen an das Geschehen gezeichnet. Manche Betroffene schildern, in den Erinnerungen den Kontakt zur Realität zu verlieren und haben den Eindruck, wieder in der bedrohlichen Situation zu sein (in diesem Fall sprechen wir von "flashbacks").

Verständlicherweise versuchen Betroffene häufig, Situationen, die Erinnerungen auslösen, zu vermeiden. Zunächst scheint diese Strategie das Leben zu erleichtern, längerfristig wird die Symptomatik durch die Vermeidung jedoch aufrechterhalten und führt dazu, dass sich Handlungsradius und Lebensfreude immer weiter einschränken (hierzu mehr im Unterpunkt "Aufrechterhaltung"). Neben den bruchstückhaften Erinnerungen und der Vermeidung erleben Betroffene häufig starke Unruhe, Schreckhaftigkeit und Reizbarkeit, aber auch emotionale Taubheit.

Kennzeichnend für eine posttraumatische Belastungsstörung sind die bereits im letzten Abschnitt angedeuteten Symptome, die folgenden Gruppen zugeordnet werden können:

Intrusionen
Intrusionen sind anhaltende Erinnerungen an das Geschehene oder das Wiedererleben des Traumas in der Vorstellung oder in Alpträumen. Als "Flashbacks" werden diejenigen Erinnerungen bezeichnet, die den Betroffenen als Realität erscheinen. In diesen Flashbacks haben Betroffene im Moment der Erinnerung das Gefühl, das traumatische Ereignis wieder zu durchleben. Auch starkes psychisches Leiden sowie eine körperliche Reaktion (z.B. Schwitzen, Erhöhung des Herzschlages) bei Konfrontation mit dem Erlebten zählen zu den Intrusionssymptomen.

Vermeidungsverhalten
Häufig vermeiden Betroffene Orte und/oder Situationen, die der traumatischen Situation ähneln oder mit ihr in Zusammenhang stehen (z.B. der Ort des Autounfalls wird nicht mehr aufgesucht). Weiterhin versuchen Betroffene häufig, bestimmte Gedanken und Gefühle zu vermeiden, die an das Trauma erinnern (z.B. Versuch, Gedanken an den Autounfall zu unterdrücken).

Übererregbarkeit
Betroffene reagieren auch körperlich auf ein traumatisches Ereignis. Es zeigen sich Symptome einer erhöhten körperlichen Erregung, z.B. Ein- und Durchschlafstörungen, Reizbarkeit oder Wutausbrüche, Konzentrationsschwierigkeiten sowie eine erhöhte Schreckhaftigkeit.

Emotionale Störungen
Der Gefühlszustand traumatisierter Menschen kann individuell sehr verschieden sein und ist häufig stark wechselhaft. Viele Betroffene können keine intensiven Gefühle mehr empfinden, diese "Abflachung" wird als emotionale Taubheit ("numbing") bezeichnet. Es können aber auch intensive Gefühle von Furcht, Ärger, Trauer, Schuld und Scham hinzukommen. Häufig finden sich zudem depressive Verstimmungen. Bei manchen Betroffenen kann die Symptomatik so stark und belastend sein, dass der Gedanke auftritt, so nicht mehr weiterleben zu wollen.

An dieser Stelle ein wichtiger Hinweis: So dramatisch das Erleben einer Traumatisierung ist und so weitreichend die Veränderungen für das Leben sind, man wird nicht verrückt! Vielmehr lassen sich die akuten und quälenden Symptome einer PTBS durch spezielle psychotherapeutische Methoden gut behandeln. Um die Symptome eindeutig zu erfassen, wird der*die Therapeut*in eine umfassende Diagnostik mit dem*r Betroffenen machen. Hierzu können neben den spezifischen Fragen zu den Symptomen auch noch verschiedene Fragebögen gehören.